DER EINSATZ DER SCAN-TECHNIK
FÜR KULTUR UND ARCHÄOLOGIE
IN DER REGION UM PAPENBURG,
EIN ERFAHRUNGSBERICHT
Team Forschungsgruppe / Heimatverein Papenburg e. V.
Der vorliegende Beitrag, hier etwas ergänzt, wurde am 08.05.2019 als Vortrag im Katasteramt Papenburg gehalten. Wir widmen diesen Beitrag den Herren Ralf Kuncke, Alois Ipe (Katasteramt Meppen) und Hans-Gerd Walker und Hermann-Josef Schleinhege.
Für die Geologie und Geoarchäologie an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen galt das Interesse früh der Remote sensing, der zerstörungsfreien Fernerkundung durch Luftbilder. Dies war zunächst die fotogrammetrische Luftbildanalyse, dann auch die Auswertung von Satellitenbildern. Für die Arbeit im Umweltministerium NRW galt die Luftbilderkundung vor allem der Erfassung der Nutzungsform an der Geländeoberfläche. Hier war allerdings die Gegenkontrolle vor Ort unerlässlich.
Die Luftbilderkundung spielte eine große Rolle für die Archäologie, aber dies besonders in Gebieten mit einer dafür günstigen, geringen Vegetation bis hin zu semiariden oder sogar wüstenartigen Zonen mit weitgehend fehlendem Bewuchs. In den humiden Breiten Zentral- und Westeuropas mit dem meist dichten Bewuchs der Kraut- und Strauchschicht, ganz zu schweigen in Gebieten mit Waldbedeckung war diese Form der Fernerkundung zwar erfolgreich. Sie fand aber ihre Grenzen spätestens bei Waldbewuchs.
Unsere Kollegin Sarah Helen Parcak schaffte im Bewusstsein der Öffentlichkeit und der Medien den eigentlichen Durchbruch der Technikanwendung für die Archäologie von Ägypten durch die Kombination der Analyse konventioneller Satellitenbilder mit Infrarot-Satellitenaufnahmen. Dabei entdeckte sie allein 17 bislang unbekannte Pyramiden.
Dabei kamen ihr die Vegetationsverhältnisse in ihrem Untersuchungsgebiet zugute, vielfach Zonen der vegetationsarmen oder sogar weitgehend vegetationsfreien Landschaften.
Parcak fand eine erhebliche Anzahl unbekannter archäologischer Objekte auch im Bereich der Nabatäer in Jordanien, weitere Objekte vor allen in Tunesien und Italien mit insgesamt weitgehend vergleichbaren Vegetationsverhältnissen.
Die Chancen zum Auffinden archäologischer Objekte in unseren gemäßigten Breiten mit ausgeglichenem Niederschlag und entsprechend weitgehend flächendeckender Vegetation, (außer den Ackerflächen) versuchten wir von Anfang an die öffentlich zugängliche Technik im Bereich Fernerkundung zu nutzen.
Basis waren Bilder aus Google Earth. Über die Analyse unserer Forschungsgruppe vergingen lange Zeiten, diese allerdings mit einigen Ergebnissen. So konnten wir drei Steinhäuser des 13./14. Jh im Raum Breinermoor und Backemoor neu nachweisen, ein großer Erfolg. Man muss allerdings in der Summe als Erfahrungswert festhalten, dass der Aufwand der Untersuchungen von Parzelle zu Parzelle sich als sehr aufwändig herausstellte, vor allem wenn man Befliegungen zu verschiedenen Jahreszeiten nutzte. Insgesamt wurden trotz langwieriger Analysen nur die drei oben genannten Objekte aufgefunden, und das bezeichnenderweise meist auf Ackerflächen.
Insgesamt stand diese Auswertung in keinem günstigen Verhältnis zum Ergebnis. Bei Beachtung der insgesamt eher wenigen Fundobjekte blieb auch hier immer wieder und zentral das Argument des „Unsichtbar-Werdens“ möglicher Objekte durch flächendeckende Vegetation. So ergab sich als Erfahrungswert die Feststellung, dass trotz sorgsamer Erkundung durch Anwendung von Google-Earth vermutlich der größere Teil möglicher Objekte unentdeckt blieb.
Die fast flächendeckende Vegetation war und blieb das entscheidende Hindernis auf dem Weg zu weiteren spektakulären Entdeckungen.
Ein neuer Technikschub schafft nun noch deutlich größere, ja fast unglaublichere Möglichkeiten. Dies ist die Laserscan-Technik: Laser tasten die Erdoberfläche ab und kreieren ein hoch differenziertes, digitales 3D-Geländemodell, das abgebildet und durch seitliche Schattierungs-Schummerung optisch verstärkt wird.
Dabei kann sogar die „Flach-Beleuchtung“ von der Seite in ihrer Richtung verschoben werden, so dass auch dadurch zusätzlich das Präzisions-Geländemodell erkundet und ausgeleuchtet werden kann.
Das aber alles Entscheidende ist, dass es nun möglich wird die Vegetation herauszurechnen, d. h. eine von Vegetation freie Gelände-Oberfläche in hoher Auflösung abzubilden. Das Produkt ist ein hochdifferenziertes 3D-Geländemodell, auf das wir jahrelang gewartet hatten.
Unsere Arbeit in der Kooperation mit Herrn Ralf Kuncke, Herrn Hans-Gerd Walker, Herrn Hermann-Josef Schleinhege, Herrn Alois Ipe und mir, Hans J. Albers, verlief in den letzten Tagen in einer solchen Schnelligkeit, dass wir noch keine abschließende mediale Aufbereitung der Ergebnisse vornehmen konnten.
Wir bitten Sie um Verständnis dafür, dass Sie Zeuge dieser Erkenntnisdynamik werden. Davon werden wir Ihnen nachfolgend einige Beispiele zeigen.
Fall 1: Die Anlage der Burganlage in Brual. Man erkennt aufgrund der dichten Vegetation zunächst nichts, mit der Scan-Technik aber die Anlage eines Kreisgrabens einer Befestigung des 14. Jh.- Leider wurde ein früher bestehender, zweiter Graben (nach innen) vollständig zugeschüttet. Es handelt sich hier um einen erst kürzlich erfolgten Eingriff in das ursprüngliche Relief.
Fall 2: Hier handelt es sich um die Erkundung im unmittelbaren Umfeld der so genannten 1000jährigen Linde von Heede, wovon Ihnen Herr Alois Ipe noch Näheres sagen kann. Unser Kollege hat geringmächtige Höhenstufen farbig angelegt. Der genähert Nord-Süd ausgerichtete Graben wurde (nach mündlicher Mitteilung) um 2000 gereinigt und vertieft. Die Aushubmassen wurden entlang des Grabens aufgehaldet. Bei diesen Wällen und kleinen Halden handelt es sich entsprechend um ganz junge Eingriffe in den Untergrund.
Ansonsten stehen wir im Fall 2 vor einem Grenzwert der Anwendung der Technik. Die geologische Untersuchung zeigte in diesem Fall keinen eindeutigen Befund einer Altbebauung im unmittelbaren Umfeld der so genannten 1000jährigen Linde von Heede.
Fall 3: Hier sehen Sie in den Garten einer dicht bewachsenen Parkanlage des Schwesternhauses in Heede. Sie erkennen eine schlangenförmige Struktur. Dabei könnte es sich um Reste einer barocken Gartenanlage eines Herrenhauses handeln. Die Kontrolle vor Ort erbrachte den Befund eines kuvigen Weges, der sich um 0,10 m Höhendifferenz vom Umfeld abhebt. Auch hier zeigt sich die Notwendigkeit einer sorgsamen Gegenkontrolle im Gelände.
Fall 4: Hier schauen Sie auf die Spuren einer Burganlage in Völlen bei Papenburg, erkennen die wallartige Zuführung zu einer Anlage, einer Burg mit genähert quadratischer Grabenanlage. Die Höhendifferenzen betragen in diesem Fall 0,20-0,60 m, was ausreicht um die Spuren der künstlichen Strukturen aufzuzeigen. Entscheidend ist der Umstand, dass innerhalb dieser Streifenflur das Kleinrelief der Geländeoberfläche nicht durch Pflügen und Eggen verändert wurde. Die nach Norden anschließenden Streifenfluren wurden später gepflügt und geeggt. Dort sind keine künstlichen Strukturen im Fein-Relief erhalten und sichtbar.
Fall 5: Hier erkennen Sie eine Spur einer bislang unbekannten Burganlage im Raum Schatteburg. In diesem Fall konnte noch keine Gegenkontrolle durch Geländebegehung erfolgen. Vermutlich handelt es sich um die Spuren eines Fein-Relief einer mit Graben gesicherten Steinhaus-Anlange im Raum Schatteburg.
Fall 6: Hier sehen Sie deutliche große Dünenanlagen und mitten auf einer der Großdünen eine Wegeführung über das Dünengelände und eine quadratische Burganlage. Wir haben die Anlage koloriert und eine erste Rekonstruktionszeichnung versucht. In diesem Fall sind die Höhendifferenzen kleinräumig deutlich ausgeprägt. Sie betragen zwischen 0,20 m und etwa 2,0 m. Auch hier steht eine sorgsame Rückkontrolle im Gelände aus.
Meine Damen und Herren, wir stehen vor einer Revolutionierung der Vermessungstechnik, der Geodäsie in der Anwendung für unsere Kultur und Archäologie. Das verdanken wir der Kooperation zwischen dem Katasteramt Papenburg und unserer Forschungsgruppe.
Es wird zu überlegen sein, diesen methodischen Ansatz für die Kultur und Forschung in Niedersachsen umzusetzen und fachlich noch weiter auszubauen.
Dazu wird man Ganz-Niedersachsen in naturräumliche Einheiten zerlegen und diese Räume mit einer jeweils methodisch unterschiedlichen Herangehensweise bearbeiten müssen, etwa das südost-niedersächsische Bergland anders als etwa die Küsten- und Flussmarsch Ostfrieslands und nördlichen Emslandes.
Man sollte sich überlegen, ob es sachlich sinnvoll und technisch machbar ist, etwa die relativ geringen Höhendifferenzen des Feinreliefs in der Marsch durch entsprechend feine Höhenschichten noch weiter zu differenzieren und im Scan-Bild sichtbar zu machen.
Vor uns liegt wieder sehr viel Arbeit, gleichzeitig eine Revolution der Erkenntnis für Kultur und Archäologie. All dies verdanken wir einzig der Kooperation mit der Geodäsie, durch die allein erst große Neuerungen möglich werden.
Das Team Forschungsgruppe Naturwissenschaften und Archäologie / Heimatverein e. V., Papenburg e. V.
(13.05.2019)
Dokumentation: 07.05.2019: 0.109 // 0.575 // 13.05.2019: 0.803 // 1.113 // 1.225 //